Jolanthe und Nussknacker
© Ashley Taylor/Wiener Staatsballett
JOLANTHE UND NUSSKNACKER
aus der Wiener Volksoper, Regie: Lotte de Beer
Obwohl Tschaikowskys Oper „Jolanthe“ und sein Ballett „Der Nussknacker“ für die Uraufführung am Mariinsky-Theater in Sankt Petersburg 1892 als Doppelabend kreiert wurden, werden sie heute nur noch selten gemeinsam aufgeführt. Und auch in der Rezeption gingen die beiden Werke nicht immer Hand in Hand: Während dem „Nussknacker“ schnell nachhaltiger Erfolg zuteilwurde und dieser aus der klassischen Ballettliteratur nicht mehr wegzudenken ist, fand „Jolanthe“ zunächst wenig Anklang beim Publikum und ist heute eine wenig aufgeführte Opernrarität. Bei ihrer ersten eigenen Inszenierung an ihrem Haus wagt die neue Volksoperndirektorin Lotte de Beer gemeinsam mit dem neuen Musikdirektor Omer Meir Wellber ein spannendes Experiment: Die beiden Bühnenwerke werden miteinander zu einer Geschichte verwoben, in der es um das Erwachsenwerden und das Lernen, die Welt so zu sehen, wie sie ist, geht. Musiktheater für die ganze Familie, zwischen Tanz und Gesang, mit phantasievollen Kostümen, einem siebenköpfigen Mäusekönig im Schnee und einem utopischen Ende. Jolanthe (Olesya Golovneva) ist eine wohl behütete, blinde Prinzessin, die sich ihrer Blindheit nicht bewusst ist. Ihr Vater König René (Stefan Cerny) möchte ihr die Wahrheit, aus Sorge ihr durch die Erkenntnis Schmerzen zu bereiten, vorenthalten, auch wenn das bedeutet, dass sie nicht geheilt werden kann. Ein unerwarteter Besucher, der zukünftige Geliebte Jolanthes, erklärt schließlich der Prinzessin, was es bedeutet, sehen zu können. Aber nicht nur in „Jolanthe“ führt ein Riss durch die geordneten Strukturen der Kindheit in eine neue Welt, sondern auch im „Nussknacker“, der die zuckersüße kindliche Phantasiewelt Jolanthes symbolisiert: Ein Mädchen erkennt in dem Nussknacker einen Prinzen, mit dem es zu einer Traumreise in ein märchenhaftes Schlaraffenland aufbricht. Die Nussknacker-Musik und die Tänzer:innen des Wiener Staatsballetts unter der Choreographie von Andrey Kaydanovskiy stellen so die phantasievolle Welt von Jolanthes innerem Auge dar. „Es kommt im Leben eine Zeit, in der man sich entscheiden muss, ob man eine blinde Prinzessin bleiben oder die Welt in ihrer ganzen Unvollkommenheit sehen will“, so Regisseurin Lotte de Beer. Für die Bildregie des phantasievoll in Szene gesetzten Abends zeichnet Felix Breisach verantwortlich, Teresa Vogl führt durch die Übertragung.
Freitag, 14.10.2022
22:30 Uhr | ORF 2